„Der November endet standesgemäß.“, so steht es in meiner Wetter-App.
Jetzt ist er also doch noch da, auf den letzten Drücker:
trüb und kalt und grau, und nochmal grau.
Ein Anlass, um zurückzuschauen auf die Zeit, in der der graue November lange Zeit ein Graus war für mich. Bis mir Farben begegneten, bzw. bis ich anfing, wieder Farben zu sehen.
Darum wird es hier gehen, um das Entdecken der Farben und um das, welche Rolle Farben in unserem Leben spielen.
Und wie daraus eine meiner Lieblings-Achtsamkeits-Momente geworden ist, die ich hier mit Dir teilen möchte und was das alles mit der Regulation des Nervensystems zu tun hat.
Der Waldboden matschte unter meinen Stiefeln, leichter Nieselregen hatte eingesetzt. Laune grau, Wetter grau, Welt grau, alles grau. So stapfte ich damals durch den Wald und jammerte und schimpfte vor mich hin.
Bis sie sich dann auf einmal in Blickfeld mogelten:
Gelbe Blätter
Direkt vor meiner Nase, hingen sie da.
Leuchtend, warm, und zwinkerten mir zu:
„Also Elke, wir hier sind schon mal nicht grau.“
Da hatten sie eindeutig recht.
Mir fiel die Hausaufgabe des MBSR-Kurses ein für Woche 2:
Tagebuch der angenehmen Ereignisse, welche Gefühle habe ich?, welche Körperempfindungen…
Das hier war gerade definitiv ein angenehmes Ereignis: ein Farbtupfer Gelb im tristen Grau.
Mir wurde ganz warm. Und etwas in mir etwas friedlicher.
Ich nahm sie mit nach Hause und trocknete sie. Gegen meine trübe Stimmung hatte ich angefangen zu malen und so entstanden drei Kunstwerke mit getrockneten Blättern als Erinnerung, dass auch der November nicht immer grau ist.
7 Jahre später und viele bunte Kunstwerke später, aber immer noch mit Hassliebe gegenüber dem November war ich in dieser Zeit nach Barcelona geflüchtet.
Zum Auftanken für den deutschen Winter, der vor mir lag.
Wärme, Strand, Stadt, spanische Lebenslust…
…und so ein paar Touri-Hotspots.
Als Bauingenierin stand da natürlich La Sagrada Familia auf dem Programm.
Die Karten im Vorfeld schon gebucht und dann…
…so viele Touris
…so viele Touri-Stände
…von Außen Baustelle und irgendwie gar nicht meins.
…so gar nicht einladend.
Aber dank der Stimme in mir, die sagte: „Wenn Du nun schon mal da bist,…“
…ging ich doch hinein.
Und dank dieser Stimme durfte ich eine Erfahrung machen, ein Ganz-Körper-Erfahrung, was Farben angeht.
Ich habe noch nie so deutlich gespürt, wie sehr Farben auf mich wirken wie in diesem Gebäude. Als würde auch die letzte Zelle in mir sehen können. Welchen Unterschied es machte, durch die verschiedenen Fraben zu wandeln. Die Fotos vermitteln nur einen Bruchteil von dem eigentlichen Erleben. Ich kann nicht mehr sagen, wie lange ich drin war, es war einfach nur berauschend. Es war schwer in Worte zu fassen.
Am nächsten Tag fand ich mich in einem wunderbaren Café wieder mit unsagbar leckeren Raw-Cakes. Während ich so vor mich hinschlemmte, fiel mein Blick auf die Wand.
Dort stand das Zitat von Yves Klein, das Dich hier durch diesen Blog führt:
„Für mich, sind Farben Lebewesen, hochentwickelte Individuen die sich bei uns integrieren, wie bei allem. Farben sind die wahren Bewohner des Weltraums.“
Genau so hatte ich das wahrgenommen in La Sagrada Familia.
Und war davor all die Jahre durch mein Leben spaziert, ohne etwas davon zu merken…
Das änderte sich ab diesem Urlaub. Zuerst nur als Souvenier, und und dann als mein täglicher kleiner Achtsamkeits-Moment, in den ich Dich jetzt mitnehme:
Vielleicht nimmst Du Dir fünf Minuten Zeit, vielleicht auch mehr, in einer Umgebung, in der Du Dich wohlfühlst.
• Stell Dich oder setz Dich so, dass Du Deine Umgebung betrachten kannst.
• Schließ für einen Moment die Augen, wenn Du magst.
• Spür den Boden unter Dir, den Himmel über Dir.
• Nimm Dir einen Moment Zeit, um auch Deinen Atem zu beobachten.
• Und dann öffne wieder Deine Augen und betrachte Deine ganze Umgebung so, als würdest Du ein Gemälde betrachten.
• Lass Deinen Blick schweifen, nimm gern den Kopf mit.
• Versuch alles wahrzunehmen um Dich herum.
• Lass Dir Zeit, lass dieses Gemälde auf Dich wirken.
• Was siehst Du? Wo genau bist Du?
• Was spürst Du in Deinem Körper?
• Welche Gedanken, welche Gefühle sind da?
• Nicht bewerten, nicht beurteilen, einfach nur wahrnehmen.
Dann lös Dich langsam wieder, schließ gern noch für ein paar Atemzüge die Augen und spür nach.
Warum diese Übung so wohltuend ist?
Sie schenkt Dir Zeit & Raum!
Denn mit dieser Übung kommst Du ganz wunderbar im Hier&Jetzt an, also Achtsamkeit pur.
Und diese Übung ist wunderbar für Dein Nervensystem.
In der Anspannung oder in der Untererregung ist unser Blickfeld eingeschränkt. Dann sieht man so wie ich nur Grau, und alles wird noch grauer.
Durch das Betrachten von unserer Umgebung geben wir unserem ganzen System die Gelegenheit, sich zu orientieren, und aktivieren so den Parasympathikus, der für Ruhe und Erholung zuständig ist.
Das Blickfeld wird weiter und man/frau und Elke stellt fest:
Der November ist nicht nur grau!
Manchmal bleibt eine Farbe für den Rest des Tages in meiner Aufmerksamkeit, manchmal auch alle. Und dann spüre ich in mich hinein, wie in der Sagrada Familia: Was macht diese Farbe heute mit mir?
Wer auch so eine Farben-Liebhaberin ist…
…hab den Mut, wirklich in Dich hineinzuspüren, was diese Farbe mit Dir macht.
Und versuch Dich auch hier von den Vorgaben zu lösen, Gelb macht das, Grün jenes und Blau dieses.
Das ist nicht wichtig! Sondern nur, was Du wahrnimmst, in Dir!
Ich verrate Dir noch, was Grau (oder viele Graus??? – herrliches Wortspiel)!“ mit mir machen:
• Es gibt diesen Klassiker aus Loriots Ödipussi: 28 shades of grey So schön! Wie Du wahrscheinlich unschwer vermuten kannst, fühle ich so mit Evelyn Haman…
• und erinnerst Du Dich an das Kinderbuch „Momo“ von Michael Ende?
Es sind die Herren in aschgrauen Anzügen mit aschgrauen Zigarren, die einem die Zeit abschwatzen wollen…
In diesem Sinne, der November ist geschafft.
Und für den restlichen Winter:
• Color up your life!
oder
• Welche Farbe hat Dein Tag?